Pressemitteilung // 09.04.2013
Club-Netzwerke prangern „Doppelbesteuerung“ an und fordern Aussetzung des „DJ-Tarifs“ VR-Ö
Bundesverband der Musikspielstätten ruft DJs zur Teilnahme an Umfrage von EventKultur Rhein-Neckar auf.
Mit der Tarif-Aktualisierung „VR-Ö“ sorgt die GEMA für neuen Diskussionsstoff. Zum 01. April 2013 versucht die GEMA den Wegfall des sogenannten „Laptop- Vervielfältigungszuschlags“ durch einen „DJ-Tarif“ (VR-Ö) nachträglich zu kompensieren. Die LiveKomm kritisiert – als Bundesverband der Musikspielstätten – einerseits die Vorgehensweise des kurzfristigen Einführungsprozesses, in dem viele Fragen zur Abwicklung offen blieben und lehnt den Tarif zudem aufgrund fehlender inhaltlichen Legitimationsgrundlage ab.
Grundsätzlich begrüßt die LiveKomm die Abschaffung des sogenannten „Laptop- Vervielfältigungszuschlags“ von 30-50% innerhalb sämtlicher GEMA-Tarife. Die umstrittene Vervielfältigungsgebühr für DJs wurde nun jedoch zum 01.04.2013 durch den neuen „DJ-Tarif“ VR-Ö wieder neu aufgesetzt. Dieses Verwirrspiel weist die LiveKomm kategorisch zurück, da dieser Ansatz auch aus rechtlicher Sicht höchst fragwürdig ist. Diese Beurteilung stützt u.a. auf einem externen Rechtsgutachten der renommiertem Anwaltskanzlei „K&L Gates“ zur GEMA-Tarifreform aus dem Jahr 2012. Die Gutachter unterstreichen die Ansicht der Club-Netzwerke, dass sowohl der ehemalige Laptop-Vervielfältigungszuschlag als auch der DJ-Tarif „dem Grunde nach für nicht gerechtfertigt“ gilt, zumal es in der Wertschöpfungskette von Musik zu „Doppelvergütungen“ kommt.
„Das aktuelle Vorgehen der GEMA widerspricht der Realität in der modernen, digitalen Welt und katapultiert gegenwärtig alle DJs in Deutschland in eine rechtliche Grauzone“, so Olaf Möller, 1. Vorsitzender der Berliner Clubcommission und politischer Sprecher der LiveKomm.
Laut Club-Verbänden mangelt es u.a. akut an grundlegenden Erkenntnissen, die die Handlungsmuster von DJs und deren Aufführungspraxis in Clubs und Diskotheken skizzieren. Daher unterstützt der Bundesverband der Musikspielstätten die regionale Initiative von EventKultur Rhein-Neckar für eine umfassende Datenerhebung. Umfrage-Initiator Felix Grädler, 1. Vorsitzender von EventKultur Rhein-Neckar, betont, dass „sich dieser Erhebung möglichst viele DJ beteiligen sollten, um die digitalisierte Realität der Musikpraxis abbilden und analysieren zu können.“
Die Umfrage steht seit dem 01. April unter folgendem Link zur Eintragung bereit:
https://www.soscisurvey.de/GEMAinsamfuerfairesUrheberrecht/
Die Vertreter der Club-Netzwerke, Felix Grädler und Olaf Möller, plädieren dafür, gemeinsam für eine faire Urheberrechtsverwertung einzutreten, die eine angemessene Lösung für Urheber und kulturelle Verwerter findet. Um diesem Prozess die nötige Zeit einzuräumen, fordern sie die Aussetzung dieses Tarifs und der großen Tarifreform, bis die Politik unabhängige Rechtsgutachten über die Vereinbarkeit mit den technischen Veränderungen der Gegenwart hat erstellen bzw. den Dialog über die Novellierung betroffener Gesetze hat führen können.
HINTERGRUND
Der Tarif VR-Ö existiert seit 01.07.2007, wurde jedoch bisher nicht angewendet und ist damit nicht neu, sondern nur aktualisiert bzw. verfeinert worden. Die LiveKomm hält den Tarif, damals wie heute, in der Realität nicht für umsetzbar.
Lädt ein User/DJ einen Track von einem Downloadportal auf sein Notebook, so führt dieser Aggregator regulär die Online-Lizenzgebühr für die Vervielfältigung an die GEMA ab. Der User erwirbt den Track für den persönlichen Gebrauch! Dieser Vorgang unterscheidet sich rechtlich in nichts vom käuflichen Erwerb einer physischen CD in einem Plattenladen. Auch hier hat der User/DJ einen oder mehrere Titel zum persönlichen Gebrauch käuflich erworben.
Benutzt ein User/DJ den Originaltonträger, um diesen live z.B. in einem Club oder einer Diskothek aufzulegen, so erwirbt der Verwerter (= Veranstalter) von der GEMA die Tonträgerwiedergabelizenz. Der DJ bleibt davon unberührt. Führt der User/DJ jedoch von seinem Notebook den legal käuflich erworbenen Track bei der gleichen Veranstaltung auf, fordert die GEMA von ihm mit dem Tarif VR-Ö eine Zusatzlizenz von momentan 0,13 €/Titel. Diese zusätzliche Gebühr ist im digitalen Zeitalter nicht (mehr) legitimiert. Zudem zahlt der DJ bzw. Musiknutzer bereits zusätzlich beim Kaufpreis z.B. eines Laptops oder eines Datenträgers eine implizierte Gebühr, die der Hersteller einpreist und an die GEMA abführt.
DJs laden ihre käuflich erworbenen Tracks auf ihr Notebook und erstellen eine Sicherungskopie aller Daten auf einer externen Festplatte. Dieses Verhalten empfiehlt z.B. das BSI-Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik jedem PC-Nutzer in Deutschland. Festplatten und Notebooks haben nur eine begrenzte Lebensdauer und auch beim Finanzamt ist ein Notebook nach drei Jahren abgeschrieben.
Der GEMA-Tarif VR-Ö verlangt jedoch jeweils eine neue Lizenzgebühr, wenn nach einem Festplattencrash oder einer Notebook-Neuanschaffung die legal erworbenen Musikstücke wieder hergestellt werden. Diese Praxis ist im digitalen Zeitalter weder zeitgemäß noch rechtens. Der Begriff der Vervielfältigung, wie ihn die GEMA seit Jahrzehnten benutzt, geht nicht mehr mit der technischen Entwicklung konform und ist daher zu reformieren. Bis dahin ist die GEMA-Vervielfältigungsgebühr für die öffentliche Tonträgerwiedergabe auszusetzen.
KONTAKT ANSPRECHPARTNER
EventKultur Rhein-Neckar
Verband der Clubbetreiber, Veranstalter & Kulturereignisschaffender der Metropolregion Rhen-Neckar e.V.
Felix Grädler
Telefon: 0622 – 13 38 99 90
E-Mail: felix.graedler@eventkultur-mrn.de
www.eventkultur-mrn.de www.facebook.com/eventkulturrheinneckar
Live Musik Kommission e.V. Bundesverband der Musikspielstätten – Büro Berlin –
Olaf Möller
Telefon: 030 – 27 57 66 99
E-Mail: olaf.moeller@livekomm.org
www.livekomm.org www.facebook.com/LiveMusikKommission