Im Rahmen des Reeperbahn-festivals in Hamburg wurde eine von den großen Musik-verbänden in Auftrag gege- bene Studie über die volkswirtschaftliche
Bedeutung der Musikbranche präsentiert. Die Studie bestätigt für Musikspielstätten (bis 1.000 qm), was der Bundesverband LiveKomm und dessen Vorsitzender Karsten Schölermann bereits ein seiner „Liste des Grauens“ seit Jahren propagieren:
Die Rahmenbedingungen für Musikspielstätten in Deutschland sind miserabel – obwohl sie jede Woche tausenden Künstlern eine Bühne und Millionen von Gästen eine kulturelle Erfahrung bieten.
So wundert es nicht, dass das Clubsterben auch die Metropolregion erreicht. „Mit dem
Schwimmbad-Music-Club muss nun einer der traditionsreichsten Spielstätten im Bereich
von EventKultur Rhein-Neckar schließen“, so Ingrid Wolschin, 2. Vorsitzende von
Eventkultur Rhein-Neckar e.V.. „Die Tatsache, dass der Betreiber aus eigenen Stücken
auf einen Weiterbetrieb nach der notwendigen Sanierung des Gebäudes verzichtet, zeugt
von den schwierigen Rahmenbedingungen der Clubbetreiber. Leider ist in der Gesellschaft oft immer noch die Mär von Millionenerträgen und teuren Sportwagen in den Köpfen eingebrannt“, führt Felix Grädler, 1. Vorsitzender des Clubverbandes, aus. Die neue Studie zur Musikwirtschaft übernimmt die Definition von Musikspielstätten wie Sie von der LiveKomm und allen angeschlossenen Verbänden schon lange praktiziert wird; sie bedient die schon lange fehlende „Schublade“ für Musikclubs in Deutschland: Nach der Definition des Branchenverbandes LiveKomm gelten Veranstaltungsstätten mit bis zu 1.000 Quadratmetern, mindestens 24 Konzerten bzw. Liveveranstaltungen im Jahr,
als Musikclub.
Die Definition des Bundesverbandes LiveKomm lautet wie folgt: „Im Unterschied zur Diskothek betreiben wir in unseren Spielstätten durch kuratorische Arbeit aktive musikalische Künstlerförderung. Unsere Mission liegt in der Entdeckung und Entwicklung neuer Künstler und Musikrichtungen von morgen, sowie deren Präsentation. Wir sind darüber hinaus die Pensionskasse für die Stars von gestern. Die einmaligen Live-Erlebnisse werden nicht nur durch Musiker, sondern auch durch eigenkreative DJ’s erzeugt. Auf unseren Bühnen erproben wir innovative Technologien und besondere Veranstaltungsformate. Dabei präsentieren wir vor allem Sparten- und Nischenmusik abseits der Hitparaden und des Mainstreams. Für diese musikalische Vielfalt gehen wir häufig ökonomische Risiken ein, denn solche Veranstaltungen sind selten voll ausgelastet und kostendeckend. Dem Prinzip „Klasse statt Masse“ folgend, versuchen wir den kulturellen Mehrwert unserer Veranstaltungen zu steigern und sind dabei wirtschaftlich tätig, jedoch nicht ausschließlich an Gewinnmaximierung interessiert. Unser Fokus auf Live-Musik wird häufig durch eine interne Mischkalkulation finanziert.
Derart realisierte Veranstaltungs-programme stellen ein wertvolles Kunst- und Kulturangebot für die Menschen in unseren Regionen und Städten dar. Sie leisten darüber hinaus einen wertvollen Beitrag zur Sozialisation von jungen Menschen. Diese Programme sind in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung und kulturpolitischen Funktion sowie für die Attraktivität der Kommunen auf einer Stufe mit Museen, Theatern und Opern zu nennen. Auf unseren Bühnen entsteht die Lieblingsmusik von Millionen. Die essentielle Basisfunktion als Leistungsträger für das Gemeinwohl der Musikbranche wird bislang nicht hinreichend in der Tarifgebung der GEMA berücksichtigt. Wir sind zwingend – egal ob Live- oder Elektro-Club – als wertige Kulturbetriebe einzustufen.“
Die Studie stellt unter anderem dar: Bei der Struktur der Gesamterträge für Musikclubs (bis 1.000 qm) erhalten die Clubs im Schnitt 7% Zuschüsse – bei 5% Umsatzrentabilität. Sprich: Fallen die Zuschüsse weg, sind die Spielstätten defizitär. Das folgt der dort festgestellten Tatsache, dass Künstlerhonorare und Produktionskosten inkl. GEMA mit 28,5% so hoch sind wie die Eintrittseinnahmen. Weiterhin werden 27,2% sonstige Erlöse aufgeführt. Ohne diese oder auch Einnahmen aus Gastronomie könnten die tatsächlich anfallenden Kosten nicht bezahlt werden.
Auch im Falle des Schwimmbad-Musik Club ist, wie bereits dargestellt, eine Quersubventionierung der Kultur üblich. Im Gegensatz zu anderen Spielstätten
verzichtete der Schwimmbad-Musik-Club beispielsweise komplett auf staatliche Förderung. Hier finanzieren also die Einnahmen aus kommerziellen Partys die Kulturveranstaltungen.
Drastisch formulierte Karsten Schölermann dies schon in seinem Papier „Liste des
Grauens“, die nun scheinbar durch die Studie offiziell bestätigt wurde: „Wer einen Musikclub gründet, begibt sich mit einem Bein ins Gefängnis – mit dem anderen wird man zum potenziellen Steuerflüchtling. Das alles, weil die deutsche Regelwut vor einem Musikclub nicht Halt macht – ihn aber in Ermangelung einer „richtigen“ Schublade innerhalb der bestehenden Regeln und Verordnungen meist verkehrt und ausgesprochen unvorteilhaft einsortiert. Hieraus resultieren Belastungen, die kein anderes Kulturgewerk über sich ergehen lassen muss.“
Kritische Themen für die Club- betreiber hierbei sind: Bundesemissionsschutzgesetz,
Technische Ausstattung, Kommunikation/Werbung, GEMA, Bandhonorare, Umsatzsteuer,
Künstlersozialkasse, Quellensteuer für ausländische Künstler, Mieten/ Energie/ Nebenkosten, Versammlungsstättenverordnung, Bauamt, Wirtschafts- und Ordnungsamt, Amt für Arbeitsschutz, Berufsgenossenschaft, Booking, Lohnsteuer/ Sozialabgaben, und viele mehr.
„EventKultur Rhein-Neckar, der Verband für Clubbetreiber und Veranstalter in der
Metropolregion Rhein-Neckar fordert daher die Politik auf, die Rahmen- bedingungen für Spielstätten zu verbessern und auch die Räume weiterhin für Clubkultur zu erhalten“, erklärt Felix Grädler, Vorsitzender des Clubnetzwerks. Gerade Räume wie das Schwimmbad in Heidelberg oder das Karlstor (nach dem Umzug) müssen dringend für die Clubkultur erhalten bleiben, da hier die öffentliche Hand die Rahmen- bedingungen mit beeinflussen kann. Denn eines ist auch in der Politik mittlerweile angekommen, so Grädler: „Clubs und Spielstätten sind ein wichtiger Standortfaktor für die Stadtentwicklung und haben eine bedeutende kulturelle, soziale und wirtschaftliche Dimension für die Entwicklung der Metropolregion Rhein-Neckar.“